Von Rechenknechten, elektronischen Gehirnen und dem Glamour des IBM-650
Ein Artikel über „Die Rolle des Computers für Unternehmungsplanspiele“ – geschrieben von Rolf F. Nohr und mir, erscheint jetzt (Ende Oktober 2019) im Lit Verlag, in: Rolf F. Nohr ›Unternehmensplanspiele 1955–1975‹. Die Herstellung unternehmerischer Rationalität im Spiel. Unter Mitarbeit von Tobias Conradi, Tim Glaser, Kerstin Hoffmann und Theo Röhle.
Ganze 469 Seiten – mit zahlreichen Abbildungen, tatsächlich ein sehr schönes Buch. Mehr Informationen unter: lit-verlag.de
Zum Inhalt: „Das Unternehmensplanspiel entsteht nach dem Zweiten Weltkrieg im Zuge eines umfassenden gesellschaftlichen Wandels. Die Unternehmen der Nachkriegswirtschaft sahen sich mit der Globalisierung, komplexer werdenden Führungsaufgaben und sich verändernden Begriffen von Steuerung und Planung konfrontiert. Am Schnittpunkt von Unternehmensführung, Personalmanagement und verwissenschaftlichter ökonomischer Logiken und Rationalitäten materialisiert sich mit dem Unternehmensplanspiel ein Ausbildiungswerkzeug das einen neuen Typus der Führung hervorbingen sollte: den professionellen Manager. In den serious games der 1950er Jahren wurden Handlungssteuerung, Wissenserwerb und Weiterbildung ›gespielt‹. Gleichzeitig betrieben die management simulations aber auch die ›Einpassung‹ der arbeitenden Subjekte in ein neues Medium – den Computer. Aus den kursierenden Wunschkonstellationen über die ›Elektonengehirne‹ entstand die Phantasie einer Steuerungsrationalität, in der das Entscheiden zu einem berechenbaren und simulierbaren Algorithmus überformt werden sollte.
Dieses Buch rekonstruiert die Konjunktur und Popularität des Unternehmensplanspiels in den 1950er bis 1970er Jahren in der Bundesrepublik und den USA. Es zeichnet die Kontexte der Planspieleinführung nach: von den serious games über die teaching machines bis hin zu den Logiken von operations research und mathematischer Spieltheorie. Es verbindet das Planspiel mit der entstehenden Beratungskultur und ordnet es in die ebenso zeitgleich emergierende Simulationslogik ein. Die methodische Verbindung von diskursanalytischen, medien- und unternehmenshistorischen Zugriffsweisen auf eine materialorientierte Geschichte des Unternehmensplanspiels eröffnet neue Erkenntnisse über die Funktion des Spiels als Kulturtechnik fortgeschrittener Industriegesellschaften. Gleichzeitig leitet das Buch aus historischen Umbrüchen und Diskursen Ansätze zum Verständnis aktueller Konstellationen ab: dem Dispositiv der Gamifikation.“